Topfengolatsche ist nicht gleich Topfengolatsche

Wir fühlten uns wieder bereit und motiviert für unsere nächste österreichtypisch-süße Verkostungsrunde – immer blind natürlich. Der 6. Jourdoux wurde eingeläutet und fand am 21. April statt.

Kurz vor Start und noch sehr gespannt auf das Ergebnis (Foto: copyright by www.esskultur.at)
Kurz vor Start und noch sehr gespannt auf das Ergebnis (Foto: copyright by www.esskultur.at)

Diesmal gingen 22 Topfengolatschen ins Rennen und wurden von Frau Esskultur samt ihren Web-und Sängermeister,  queenofsoup, die Weltbeobachterin, Michael Vesely (das erste Mal in unserer Runde) und mir getestet.

Wenn ich an eine Topfengolatsche denke dann…

… erscheint vor meinen Augen ein viereckiges geschlossenes Tascherl, nussig zart, knusrpig gebräunt, aus einem feinen, Germbutterteig (Plunder). Die Topfenfülle, leicht gesüßt mit einem frischen zitronigem Kick, der den Topfen erheitert – es können auch mal ein paar Rosinen vorkommen. Genügend Fülle soll darin zu sehen und zu schmecken sein, aber so, dass sie nicht “gatschig” mundet. Saftig aber gerne. Formal mag ich es sehr, wenn die Golatsche etwas flacher ist, die Ecken etwas offen sodass den Topfen schon rausblitzen sehe. Meine Nase möchte Butter wittern, eine leichte Germnote und den frischen Hauch einer natürlichen Zitrone. Meine Zunge möchte die feine Topfenfülle schmecken – vor allem den Topfen! – die sich mit dem Teig zu einem Ganzen fügt. JA! Gottseidank sind Träume noch erlaubt oder besser noch die Erinnerungen an den guten, reinen Geschmack hartnäckig verankert. JA!

So machten wir uns also auf dem Weg, verstreuten uns quer durch Wien und trugen unsere Topfengolatschen aus folgenden Bäckereien/Konditoreien zusammen:

Gragger, Mann, Gradwohl, Joseph Brot, Ströck, Schrott, Felzl, Rudolph Ölz, Woloszyn/Ullamnn, Schwarze Kameel, Felber,Grimm, Schramml, Anker, Aida, Sluka, Oberlaa, Meinl am Graben, Heiner

Bewertet wurden das Aussehen mit 0-3 Punkten, die Konsistenz mit 0-7 Punkten und der Geruch & Geschmack mit 0-10 Punkten. Frau Esskultur mit ihrem Gespür für Organisation und Listen hat wie immer die Einkaufs- und Verkostungsliste vorbereitet. Die Topfengolatschen wurden gewogen und anonym auf ein numeriertes Blatt plaziert.

Jetzt setzt die Sperre ein!

Noch bevor wir eine einzige verkosteten, war mein Gefühl kein Gutes. Wohl ableitend aus den niederschmetternden Erfahrungen, die wir in den letzten 5 Jourdoux’s machten. Trotzdem keimte ein kleiner Funken Hoffnung, zumal ich mir dachte, ein erfahrener Bäcker oder Konditor könne bei dieser Bäckerei eigentlich doch gar nicht so viel falsch machen.   Sagt sich so einfach.

Was bei dieser Verkostung auf uns zu kam war teilweise ekelerregend und bei gar nicht wenigen konnten wir gar nicht anders als den Bissen, der im Mund harrte verkostet zu werden, in der Sekunde wieder auszuspucken oder aufgrund des Geruchs schon erst gar nicht in den Mund zu nehmen. Ehrlich! Katha äußerte sich dazu treffend: “Jetzt setzt die Sperre ein!”

Aromenbombardement

Zugesetzte Aromen waren bei dieser Verkostung die unangenehmste Plage. Bissig und verletzend für den Geschmack und Geruch. Die Zunge brannte und reagierte mit Pelzigkeit. Wir trafen auf Topfen der bereits hinüber war und eher zum Brechreiz animierte. Schmierige Konsistenzen im Mund, staubtrocken oder “Ja hallo, wo ist der Topfen gebleiben?”. Bei einer sogar das Gefühl, man sitzt mitten in einem Speiseölfass. Beim Riechen kamen Assoziation zu Kuhstall, brotig, Leere, Fadesse und Übersäuerung – harte Arbeit für uns alle.

Mhmmmm

Wie gern hätte ich öfters diesen Ausruf vernommen. Der leider nur ein einziges Mal ertönte, aber dafür aus ganzem Herzen. Befreit von Aromen, sauber, buttrig – einfach fein war diese eine Topfengolatsche. Womit wir zur Siegerehrung kommen:

  1. Felber Mhmmmm! (mit großem Abstand. Wir alle waren sehr überrascht).
  2. Gragger ( Bio! und hatte es als erste Topfengolatsche in der Verkostung schwer und wurde vermutlich zu streng beurteilt)
  3. Woloszyn/Ullmann (Kleine Konditorei hinterm Praterstern,  die immer wieder überdurchschnittlich gut abschneidet)
  4. Mann
  5. Ströck

Die 17 anderen waren unterdurchschnittlich und 13 davon erhielten weniger als 1/3 der Punkte.

Einmal mehr merke ich wie traurig es mich stimmt, wie oft uns künstliche Geschmacklosigkeiten als “guter Geschmack” verkauft wird. Einmal mehr merke ich wie sehr meine Motivation steigt auf den Spuren des guten und reinen Geschmack zu bleiben und zu erkunden.

Lichtblick

Das Schöne an unsereren Jourdoux’s ist, dass sich hier Professionalität mit Freude und Leichtigkeit paart. Verbissenheit hat hier keinen Platz.

Trotz herber Enttäuschungen, die Freude ist groß bei der Kürung der Sieger-Topfengolatsche (Foto:copyright by www.esskultur.at)

Unser aller Leidenschaft rund ums Essen gibt uns Kraft in die nächste Runde zu gehen, wo wir unsere Nasen in die Marillenmarmelade stecken werden. Was wird wohl die Zunge dazu sagen?

Bis dahin, seid gesüßt!

 

Rückblick

Wer nachlesen möchte, hier die Auflistung unserer letzten 5 Jourdoux’s

  1. Das beste Punschkrapferl in Wien
  2. Wien und seine Maroniherzen
  3. Auf die Krapfen, fertig los!
  4. Osterpinze, die heilige Dreifaltigkeit
  5. Wiens bestes Buttercroissant

5 Comments

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ck
26. April 2012 at 12:42

tut mir leid, aber in der form eher sinnloser artikel. wenn schon testen warum dann nicht auch zusammenfassend die ergebnisse von allen verkosteten produkten zeigen? so schaut das ganze sehr subjektiv und willkürlich aus und man bekommt keine weiteren informationen was wo besonders gut oder eben nicht gut war…

lizardqueen
26. April 2012 at 14:47

verkostet doch mal cremeschnitten, wenn da ein anderer sieger wie die aida rauskommt, dann fress ich einen besen;) das wollt ich nämlich schon immer wissen.

Kerstin
26. April 2012 at 16:40

Bitte unbedingt “die beste Schokoschnecke/Zimtschnecke Wiens” testen!!

katha
30. April 2012 at 09:39

sehr schöne zusammenfassung (kommt mir fast vor, als wäre sie von mir, und als müsste ich eh gar nix mehr dazu sagen – wobei, über die aromen habe ich mich noch nicht ausgiebig ausgelassen…)! danke!

ad ck: da fühlt sich irgendwer auf den schlips getreten. wir haben 13-17 mögliche kandidaten…

abgesang auf die topfengolatsche – kulinarische notiz – esskultur
17. Mai 2012 at 16:41

[…] haben wir diesmal zu sechst: neben der fixen belegschaft titi laflora (danke wie immer für raum, licht, tee, luft und mageneinrenkendes saures hinterher!) und mir (frau […]